Kontemplatives Gebet

„Denn wir wissen nicht, was wir in rechter Weise beten sollen; …“ (Röm 8,26 a)

Das ist eine starke Behauptung, die Paulus da aufstellt, und Widerspruch drängt sich uns auf. In Zeiten einer Pandemie und anderer Katastrophen müssen wir nicht lange  nachdenken, um was wir Gott bitten könnten. Und wir wissen auch, wann wir Anlass zum Loben und Danken haben, und sei es, dass wir uns freuen, wenn wir wieder festliche Gottesdienste mit Gesang feiern können. Nun bezweifelt Paulus gar nicht, dass wir beten können, doch er macht uns auf eine kleine, nicht unwichtige Wahrheit aufmerksam, die wir leicht vergessen.

Im Römerbrief schreibt er weiter: „… der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern.“ (V 26b)

Wir sind es also gar nicht, die unser Gebet „machen“, vor unseren berechtigten Bitten und unserem aufrichtigen Loben und Danken ist der Geist Gottes in uns schon am Werk. Dieser Geist ist ein bewegender Geist, der uns zu Gott hin drängt; immer neu, immer mehr, mit unserer Suchbewegung werden wir nie an ein Ende kommen. Denn Gott ist immer größer als unsere Alltagsbedürfnisse, unsere Gebete sind nicht das letzte, umfassende Wort an
ihn, so dringlich und gerechtfertigt unsere Bitten auch sein mögen.

Der Geist Gottes wartet darauf, dass wir einstimmen in sein Seufzen, sein Gebet in uns gleichsam nach-buchstabieren und uns so in seine Absicht hineinbeten, d.h. im Einklang mit Gottes Geist leben und uns von ihm leiten lassen. Das setzt ein Hören auf den Geist voraus.

Daher ist es gut und sinnvoll, unser gewohntes Wort-Gebet mit einem stillen Hören zu ergänzen, damit Gottes Geist in uns reden und wirken kann. Hören – um besser antworten zu können: Nichts anderes will das Kontemplative Gebet!

Herzliche Einladung hierzu:
Dienstag, 07.12.2021 │ 04.01.2022 │ 01.02.2022  │ 08.03.2022
um 18.30 Uhr, Haus Ritzinger, Mediationsraum 2. OG

Anmeldung: hildegard.sickinger@googlemail.com

Hildegard Sickinger

 

Was ist das Besondere an dieser Art zu beten?

So oder ähnlich werde ich öfter gefragt. Die Antwort ist nicht einfach, denn ich bin überzeugt, dass man Kontemplation im Grunde nicht erklären und auch nicht lehren kann. Über Kontemplation dozieren zu wollen, würde sie zu einem Gegenstand unseres menschlichen Begreifens und Analysierens machen, und damit wäre sie ihres wirklichen Inhalts beraubt. Wer  kontemplativ betet, glaubt an das verborgene Wirken Gottes in jedem Menschen. Und für Gottes Dasein und Wirken ist keine Beweisführung möglich, weil SEINE Gegenwart dem Menschen unverfügbar bleibt. „Der einzige Weg dahin, alle falschen  Vorstellungen über Kontemplation loszuwerden, ist der, sie zu erfahren.“ (Thomas Merton)

Über Gebetserfahrungen zu sprechen, ist jedoch auch nicht einfach, geht es doch im persönlichen Gebet um ein Beziehungsgeschehen zwischen Gott und dem Beter, der Beterin. Was sagen Menschen nun, wenn sie gefragt werden, warum ihnen die Kontemplation so wichtig ist?

  • Es tut gut, zur Ruhe zu kommen.
  • In die Stille eintauchen zu können,gibt mir Kraft.
  • Es ist wohltuend, einmal allen Ballast aus der Hand geben zu können.
  • Die Gemeinschaft stärkt, auch wenn wir nicht miteinander reden.

Damit drücken Menschen etwas von ihrer Befindlichkeit beim Gebet aus; der Weg der Kontemplation aber will erfahren werden. Und doch sagen die oben zitierten Statements etwas Wichtiges, denn Stille erleben und auskosten zu können, ist in unserem Alltag ja nichts Selbstverständliches. Stille ist aber sozusagen das Eingangstor zur Kontemplation, die einzige Tür, die hier der Mensch von sich aus öffnen kann, indem er Stille zulässt. Die Stille ermöglicht uns das innere Hören. Wenn unser Mund für eine kurze Zeit keine Worte formt und das Ohr nichts Gesprochenes aufnehmen muss, dann kann sich ein Gespür für das eigene  Innenleben einstellen. Der betende Mensch kann erfahren: „Ich komme wieder zu mir selbst. – Ich entdecke neu, was für mein  Leben nicht nur wichtig, sondern wesentlich ist.“ Wer Kontemplation mit einem Bild beschreiben will, spricht gerne vom Lauschen auf den Klang des Herzens, dessen leises Schwingen überhaupt erst in der Stille wahrgenommen werden kann. Auch die  Bildersprache stößt an Grenzen.Denn Kontemplation heißt nicht, das dem menschlichen Ohr, also dem äußeren Sinnesorgan, besondere Laute oder Worte von irgendwoher eingegeben würden.

Es ist vielmehr die Begegnung mit einer Sehnsucht nach Erfüllung, nach Leben und Liebe, die oft von den Alltagsgeschäften überdeckt ist. Nicht immer verstehen wir alles, was in der Stille auf einmal da ist.

Wir vertrauen im Kontemplativen Gebet darauf, dass der Geist Gottes auf den Klang unseres Herzens genau so hört wie sonst auf die Worte unseres Mundes und unser beredtes Schweigen versteht. Mehr noch, dass er in uns und mit uns betet, wie wir in einem Pfingstlied glaubend zum Ausdruck bringen:

Du stille Macht, du verborgne Kraft,
Geist des Herrn, der in uns lebt und schafft,
wohne du uns inne, uns anzutreiben,
bete du in uns, wo wir stumm bleiben.
Kyrieleis. (GL 348)

Wollen Sie das Kontemplative Gebet kennenlernen?
Herzliche Einladung:
Einmal im Monat im Haus Ritzinger, Hauptstr. 34, Klein-Winternheim