Die Eule-Orgel von St. Bonifatius, Gießen

Eule-Orgel, St. Bonifatius Gießen (c) Wolfgang Schlich

Im Frühjahr 2003 führten erhebliche technische wie musikalische Defizite der alten Orgel zur Entscheidung für einen Orgelneubau.

Nach elfjähriger Arbeit des Förderkreises Neue Orgel St. Bonifatius e. V. wurde das neue Instrument, erbaut durch die Bautzener Firma Hermann Eule Orgelbau, am 12. September 2015 in einem Festgottesdienst durch den Mainzer Generalvikar Giebelmann geweiht und der Gemeinde übergeben.

Die neue Orgel gruppiert sich zu beiden Seiten der Fensterrosette auf der Empore und bildet mit ihr eine kunstvolle Gesamtansicht: In der Brüstung rechts und links (C-/Cis-seitig) steht das Hauptwerk mit dem farbenreichen und schwungvollen Prospekt, jeweils darüber die beiden Schwellwerke, erkennbar an den Lamellentüren. Wiederum dahinter, rechts und links des Fensters, stehen die tiefen Register des Pedals. Vier Register des Kleinpedals sind unter dem Fenster mit eigenem Prospekt platziert. Der Prospekt greift farblich und in den Schwüngen der Schleierbretter die Gestaltung der Rosette auf und inszeniert geradezu das prachtvolle Fenster. Der Spieltisch steht mittig auf der Empore mit Blick zum Fenster und bietet dem Spieler einen möglichst optimalen Kontakt zum Instrument. Selbst kleine Ensembles finden nun auf den mittig angeordneten Podeststufen Platz.

42 Register mit 2.659 Pfeifen sind auf drei Manuale und Pedal verteilt. Mechanische Spieltraktur und elektrische Registertraktur repräsentieren den heute üblichen Standard bei Orgeln dieser Größenordnung. Die Stimmtonhöhe beträgt 441 Hz bei 15°C und stimmt damit mit der Tonhöhe der englischen Chororgel überein.

Die Klanggestalt lehnt sich stilistisch an den mitteldeutschen Orgelbau des 19. Jahrhunderts mit Friedrich Ladegast und an den englischen Orgelbau der Spätromantik an. Diese Kombination harmoniert ausgezeichnet mit dem Kirchenraum und bietet eine Fülle von anrührenden Klangfarben, etwa die sehr charaktervollen Flöten, der englische Streicherchor, die durchschlagende Clarinette, der amerikanische Erzähler oder die englische Tuba. Die feinfühlige Intonation ermöglicht die Darstellung stilistisch weit gefächerter Orgelmusik und bietet damit auch beste Voraussetzungen für die Orgelausbildung. Die Orgel führt und stützt den Gemeindegesang und inspiriert zu facettenreicher Improvisation.

Als Orgel des 21. Jahrhunderts bietet eine elektronische Registersteuerung 10.000 Speicherplätze. Diese sind via Tablet-PC beliebig erweiterbar.

Die Firma Eule hat mit ihrem Opus 684 ein charaktervolles, ausdrucksstarkes Instrument höchster Qualität geschaffen und setzt damit in einem dafür bestens geeigneten Kirchenraum einen ganz neuen Akzent in der Orgellandschaft Mittelhessens und darüber hinaus. Möge sie viele Besucher in Gottesdienst und Konzert erfreuen und berühren!