27. Mittwochskonzert

Datum:
Termin: Mittwoch, 07.11.18 - 19:30
Ort:
Liebigstraße 28
Gießen
Winfried Bönig, Domorganist in Köln, spiel Werke von Debussy, Howells, Höller und Widor

Programm

Orgelwerke aus England, Deutschland und Frankreich
  • Claude Debussy (1862-1918)             Danse  (Bearbeitung: Thierry Hirsch)

                                 

  • Herbert Howells (1892-1983)             Psalm Prélude Nr.3

        

  • Karl Höller (1907-1987)                      Ciacona

                 

  • Charles-Marie Widor (1844-1937)    aus der VIII. Symphonie

                                                                            1. Allegro risoluto

                                                                            2. Adagio

                                                                            3. Final

Vita der Komponisten

Achille-Claude Debussy

(* 22. August 1862 in Saint-Germain-en-Laye; † 25. März 1918 in Paris) war ein französischer Komponist des Impressionismus. Seine Musik gilt als Bindeglied zwischen Romantik und Moderne.

Die 13 Jahre des Musikstudiums, die Debussy ab seinem 10. oder 11. Lebensjahr am Konservatorium verbrachte, waren von sehr unterschiedlichen Erfahrungen geprägt. So brachte der 27-jährige Albert Lavignac dem Rebellentum seines jungen Schülers viel Sympathie entgegen, während Marmontel, schon 30 Jahre Dozent des Konservatoriums, dem Ungestüm der musikalischen Naturbegabung unbedingt Einhalt gebieten wollte.

1884 schließlich ging er mit der Kantate L’Enfant prodigue als Sieger hervor. Nun durfte er vier Jahre lang auf Staatskosten in der römischen Villa Medici seinen musikalischen Studien nachgehen. Den Aufenthalt in der Villa Medici – den er übrigens 1887 vorzeitig abbrach – empfand Debussy als quälend. Mit den Kommilitonen konnte oder wollte er nicht recht warm werden, klagte über sein „Sträflingsschicksal“.

Im Frühjahr 1886 entzog er sich zeitweilig dem "Anstaltsleben" und reiste nach Paris. Dort machte er Bekanntschaft u. a. mit Franz Liszt, Giuseppe Verdi und Ruggero Leoncavallo.

Den Durchbruch schaffte Debussy mit dem von einem Gedicht von Stéphane Mallarmés inspirierten Prélude à l’après-midi d’un faune (zu Deutsch: Vorspiel zum Nachmittag eines Faunes), das am 22. Dezember 1894 in Paris uraufgeführt wurde. Die geschickte und kammermusikalische Instrumentation sowie die kühne Harmonik verbinden sich mit einer avancierten Architektur der Proportionen des Stückes. Diese Merkmale tauchten auch in späteren Werken auf und haben dazu geführt, dass viele Komponisten des 20. Jahrhunderts Debussys Musik als wesentlichen Ausgangspunkt der Neuen Musik begriffen haben.

 

Herbert Norman Howells, geb. 1892 in Lydney, gest. 1983 in London

Howells wurde besonders bekannt für sein umfangreiches Schaffen im Bereich der anglikanischen Kirchenmusik, das einen vollständigen Gottesdienst für das King's College, Cambridge einschließt, sowie unter anderem das Magnificat und ein Nunc dimittis für die Chöre der St Paul’s Cathedral und der Gloucester Cathedral. Die Motette Take Him, Earth, for Cherishing wurde kurz nach der Ermordung John F. Kennedys geschrieben und dem Gedächtnis des Präsidenten gewidmet.

In seinem späteren Leben wurde er Ehrendoktor der Universität Cambridge und Mitglied des Order of the Companions of Honour.

 

Karl Höller, geb. 1907 in Bamberg, gest. 1987 in Hausham

Karl Höller entstammte einer traditionsreichen Kantorenfamilie. Sein Vater Valentin Höller (1873–1932) wirkte als Dom-Organist, Königlicher Musikdirektor und Komponist in Bamberg.

Nach dem Abitur 1926 ging er nach Würzburg, wo er am Staatskonservatorium bei dessen Direktor Hermann Zilcher Komposition studierte sowie Orgel bei Hanns Schindler. Daneben besuchte er musikwissenschaftliche und kunstgeschichtliche Vorlesungen an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Doch schon 1927 übersiedelte Karl Höller nach München, um bei dem Reger-Schüler und Mitbegründer der Donaueschinger Musiktage, Joseph Haas, Komposition und Musiktheorie an der Akademie der Tonkunst zu studieren.

1931 begann sein Aufstieg zu einem der erfolgreichsten Komponisten seiner Generation. 1932 komponiertes Orchesterwerk Hymnen,  4 symphonische Sätze über gregorianische Choralmelodien. 1934/35 komponierte er seine Symphonische Phantasie über ein Thema von Frescobaldi, op. 20.

In den ersten Jahren nach dem Weltkrieg war Höller außerordentlich produktiv und schuf viele seiner besten Werke. Er erhielt viele Preise, u. a. 1950 den Kunstpreis der Stadt München, den Bayerischen Verdienstorden und 1967 das Große Bundesverdienstkreuz, 1974 das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und weitere Musikpreise.

Obwohl Höller ursprünglich von der Orgel her kam, komponierte er überwiegend Orchester- und Kammermusik – wohl, weil dies seinen subtilen „musikalischen Farbsinn“ am stärksten befriedigte. Etliche seiner Orchesterwerke sind nachträglich orchestrierte Kammermusik- oder Klavierwerke. In seiner Instrumentation neigt er gelegentlich zu unverkennbar impressionistischem Kolorit, etwa durch Verwendung von Harfe oder Celesta.

Dass seine Werke heute weithin vergessen sind, lässt sich wohl vor allem mit der Musikentwicklung im (westlichen) Nachkriegsdeutschland erklären, die einerseits zur Musealisierung neigte und andererseits den atonalen Richtungen im Bereich der modernen E-Musik zur Vorherrschaft verhalf. An der Qualität der Höllerschen Werke lag es zumindest nicht, wenn sie in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt wurden.

 

Charles-Marie Widor, geb. 1844 in Lyon, gest. 1937  in Paris

war ein französischer Organist, Komponist und Musikpädagoge. Sein bekanntestes Werk ist die Toccata aus der 5. Orgelsinfonie

Widor wurde in eine musikalisch renommierte Familie hineingeboren und erhielt von seinem Vater den ersten Orgelunterricht. Während seiner Schulzeit am humanistischen Collège des Jésuites in Lyon zeigte sich seine außergewöhnliche musikalische Begabung, besonders im Orgelspiel, so dass er mit elf Jahren Organist der Kapelle des Collège wurde und seinen Vater an der Kirche Saint-François vertreten konnte.

Drei große Ereignisse bestimmten Widors Leben um 1870: der Umzug von Lyon nach Paris (Ende der 1860er Jahre), seine Ernennung zum Titular-Organisten von Saint-Sulpice im Januar 1870 und der deutsch-französische Krieg 1870/71. Die Position als Titularorganist, die er zunächst nur vorläufig besetzte, hatte er schließlich 64 Jahre lang inne. Die Cavaillé-Coll-Orgel (1862) in Saint-Sulpice bot Möglichkeiten für einen orchestralen Klangreichtum, der Widor zu seinen Orgelsinfonien inspirierte.

Am 1. Dezember 1890 löste er César Franck als Orgel-Professor am Pariser Konservatorium ab, wobei Widor den Unterricht grundlegend umgestaltete, und am 1. Oktober 1896 erhielt er die Leitung der Kompositionsklasse des Konservatoriums. Widor gilt daher als Begründer der „französischen Orgelschule“.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden Widors Auftritte immer seltener. Ihm wurde mehr und mehr eine konservative Haltung vorgeworfen, denn seine Musiksprache ist der spätromantischen Tradition des 19. Jahrhunderts verpflichtet.

Widor wurde zum Grand Seigneur der französischen Musik, zu einer lebenden Legende. Die Liste der Ehrungen, die Widor in seinem Leben erhielt, ist lang.

Ein von seinem Schüler Albert Schweitzer überlieferter Ausspruch Widors zeigt Widors Einstellung zum Instrument Orgel: „Orgelspielen heißt einen mit dem Schauen der Ewigkeit erfüllten Willen offenbaren.“

Zur Person unseres Organisten: Prof. Wilfried Bönig

Winfried Bönig (c) Winfried Bönig
Winfried Bönig

Winfried Bönig wurde 2001 zum Domorganisten in Köln berufen und leitet als Professor für künstlerisches Orgelspiel und Improvisation seit 1998 den Studiengang Katholische Kirchenmusik an der Musikhochschule Köln.

Damit bekleidet er zwei der herausragenden kirchenmusikalischen Positionen in Deutschland.

Für seine musikalische Arbeit wurde ihm 1995 der „Kulturpreis der Stadt Memmingen“ verliehen.

Neben den umfangreichen liturgischen Aufgaben, die das geistliche Leben am Kölner Dom prägen, hat auch seine Konzerttätigkeit hat ihr Zentrum in dieser Kathedrale, wo Bönig die Serie der sommerlichen „Orgelfeierstunden“ leitet. Der Zyklus gehört zu den renommiertesten und bestbesuchten Veranstaltungsreihen weltweit. Von den zwölf Konzerten spielt Bönig in jedem Jahr drei, zu Gast sind darüberhinaus international beachtete und gesuchte Organisten. Dabei stehen ihm und den Gästen zwei große symphonische Orgeln der Firma Klais zur Verfügung (die Querhausorgel von 1948 mit 4 Manualen und 88 Registern und die Schwalbennestorgel von 1998 mit drei Manualen und 53 Registern).

Konzerteinladungen führen ihn Jahr für Jahr in alle Welt, In den letzten Jahren wurde er zu feierlichen Orgelweihen und –premieren u.a. nach China, Rußland und Spanien eingeladen.

Bönig war und ist Interpret zahlreicher Uraufführungen von Werken, die ihm Komponisten widmeten, so u.a. von Enjott Schneider, Jean Guillou, Daniel Roth, Naji Hakim, Peter Planyavsky, Stephen Tharp, Robert HP Platz, Johannes Schild und Colin Mawby.

Schon seine erste CD mit Orgelwerken von Dietrich Buxtehude, erschienen 1988, wurde von der europäischen und amerikanischen Musikkritik begeistert rezensiert.
Zahlreiche weitere Aufnahmen, als Organist und Dirigent, folgten und summieren sich inzwischen zu einer langen Diskographie unterschiedlichsten Repertoires.
Große Beachtung fanden die Einspielungen der Orgeln im Kölner Dom sowie eine CD mit einer eigenen Transkription von Bachs „Goldberg-Variationen“.